Sherlock Holmes in Berlin by Wolfgang Schüler

Sherlock Holmes in Berlin by Wolfgang Schüler

Autor:Wolfgang Schüler
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: KBV Verlag
veröffentlicht: 2012-02-13T05:00:00+00:00


[1] Ein Gefäß aus der traditionellen britischen Küche zum Erhitzen von rohen Eiern im Wasserbad, denen zuvor Wurst oder Schinken und Gewürze beigefügt wurden.

[2] Wenn gekochte Eier mit einem Silberbesteck verzehrt werden, kommt es zu einer chemischen Reaktion. Schwefel und Silber bilden ein Salz, das Silbersufid genannt wird. Dieses Salz haftet dem Besteck als schwarze Deckschicht an und beeinträchtigt den Geschmack.

AM TATORT

Aus den Aufzeichnungen von Dr. Watson.

05.10.1913, Berlin

Der Hintereingang vom Museum wurde von zwei uniformierten Polizisten abgesperrt, aber mit Professor Schuchhardt an unserer Seite konnten wir ungehindert passieren. Wir stiegen einige Treppen hinauf und liefen dann kreuz und quer. Bereits nach kurzer Zeit verlor ich völlig die Orientierung. Aus eigener Kraft hätte ich nie den Rückweg gefunden.

In dem großen Gebäude summte es wie in einem Bienenstock. Mehrfach kamen wir an kleinen Menschengruppen vorbei, die diskutierend auf den Fluren standen. Die Stimmung war äußerst bedrückend. Vor einer Tür in einem breiten, hellen Korridor gab es eine größere Ansammlung älterer Herren. In ihren steifen, schwarzen Anzügen wirkten sie wie die Sozietät der Leichenbestatter bei einem Ausflug.

»Das sind allesamt Mitglieder der Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte«, flüsterte uns der Professor zu.

Kaum hatte er diese Worte ausgesprochen, da packte ihn schon ein korpulenter Mittsechziger am Ärmel. »Ich bin Consul Theobras Brinckmann aus Konstanz. Ich soll heute einen Gastvortrag halten. Ich bin erschüttert. Falls Sie Hilfe brauchen sollten, lassen Sie es mich bitte wissen. Ab und an betätige ich mich nämlich als Medium und kann auf große Erfahrungen im Bereich Telepathie verweisen. Sie sollten mir den Tatort zeigen. Dann kann ich auf dem Wege der Gedankenübertragung Kontakt zu dem Täter aufnehmen.«

»Das nehme ich gerne zur Kenntnis, sehr verehrter Consul Brinckmann. Ich habe bereits viel von Ihnen gehört. Ich werde gewiss auf das Angebot zurückkommen. Zunächst müssen wir aber der Polizei das Feld überlassen.«

Ein dünner, großgewachsener Mann von Anfang fünfzig mit schmalem Gesicht kam als Nächster auf uns zugestürzt. Seine grauen Augen sprühten vor Intelligenz, und er besaß ein energisches Kinn, das auf große Willensstärke schließen ließ. Sein meliertes, volles Haupthaar war sorgfältig geschnitten und der Vollbart korrekt gestutzt. Von seinem gesamten Habitus her schien er eine gesellschaftliche Stufe über Professor Schuchhardt zu stehen. »Mein lieber Herr Kollege«, begann er mit leidender Stimme, die vor Anteilnahme und Mitgefühl nur so bebte. »Das sind ja furchtbare Nachrichten. Ich bin mehr als entsetzt. Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, lassen Sie es mich bitte wissen.«

»Das ist sehr freundlich von Ihnen, sehr verehrter Herr Professor. Ich fürchte, ich werde auf Ihr Angebot bald zurückkommen müssen«, antwortete Professor Schuchhardt überaus förmlich.

Sobald wir außer Sichtweite waren, fragte ihn Holmes: »Wer war das eben? Sie scheinen ihn nicht sonderlich zu mögen, denn Ihr Stimmungsbarometer ist spürbar gefallen.«

»Das war der bekannte Philologe Gustaf Kossinna, seines Zeichens Archäologie-Professor an der Universität Berlin und Mitglied der Anthropologischen Gesellschaft. Eigentlich müssten wir Freunde sein. Doch das sind wir nicht. Er ist mein schärfster Konkurrent. Beispielsweise gilt er als der Schöpfer der sogenannten siedlungsarchäologischen Methode. Er schreibt den Goldschatz von Eberswalde nicht einem griechischen Händler, sondern den alten Germanen zu.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.